Dr. W.P. Roelofs, Soest, 1994.04.30.
Redakteur der Zeitschrift für Sozialökonomie, Steenkamp 7, D - 26316 VAREL 2; Elimar Rosenbohm, Glockenbrink 87, D - 32457 Porta Westfalica; Dr. Hans-Jürgen Fischbeck, c/o Haus der Begegnung, Uhlenhorstweg 29, D - 45479 Mülheim / Ruhr. Liebe Freunde, Anlaß zu diesem Brief ist Nr. 100 der Zeitschrift für Sozialökonomie. Daß man sich in freiwirtschaftlichen Kreisen nicht einig ist über die Buchgeldfrage, ist zur Genüge bekannt. Mit diesem Thema werde ich mich darum nicht befassen. Es geht mir vielmehr darum, daß, wo es sich handelt um Begriffe aus der Keynesschen Zinslehre, in unserem Kreis immer noch viel Mißverständnis vorherrscht. So schreibt Herr Rosenbohm auf S. 16, rechts-oben: "Wenn nun aber ein reichliches Geldangebot den Realzins auf zwei bis zweieinhalb Prozent (nach Keynes) drückt -" d.h. etwa sechs Prozent Nominalzins heute, "dann verschwindet das Geld in der 'Liquiditätsfalle'." Ich verstehe wirklich nicht, wie Herr Rosenbohm sowas schreiben kann. Die "Liquiditätsfalle" hat mit der "Liquiditätsprämie" zu tun, nicht mit dem Zinsfuß, und schon gar nicht mit dem Realzins. Es ist unser Anliegen durch eine Umlaufgebühr für Geld, d.h. Kosten für Liquidität, ein Absinken des Nominal- sowie des Realzinses auf Null zu ermöglichen. Wieso denn ein "Verschwinden des Geldes in der Liquiditätsfalle" bei Real- und Nominalzins unterhalb 2 %. Wenn Herr Rosenbohm Recht hätte, wäre unser Anliegen eine Utopie. Er meint augenscheinlich selbst nicht was er behauptet, denn auf S. 19 links-mitte schreibt er: "Ersparnisse werden in aller Regel auf Zins und Zinseszins angelegt. Für die Wirtschaft entscheidend ist der Realzins (Nominalzins abzüglich Inflationsrate), der auch schon mal negativ sein kann, besonders bei den Ersparnissen der kleinen Leute". (Meine Hervorhebung im letzten Satzteil.) Bei einem solchen negativen Realzins müßte, wenn Rosenbohms Behauptung richtig wäre, alles Spargeld doch längst in der Liquiditätsfalle verschwunden sein, und nichts mehr investiert werden, nicht nur nicht in productionsgüter, sondern auch nicht in irgendwelche Schatzgüter, außer Geld. Solange wir keine Umlaufgebühr für Geld haben, ist der Nominalzins für langfristige, risikofreie Anleihen (Staatsobligationen, z. B.) Maßstab für die Liquiditätsprämie. Eine hohe Liquiditätsprämie gewährleistet eine hohe Umlaufgeschwindigkeit. Der Zweck einer Umlaufgebühr ist es, um bei Zinsfuß Null eine hohe Liquiditätsprämie zu gewährleisten. Nach Keynes ist:
Schließlich habe ich noch ein Fragezeichen geschrieben auf S. 20, rechts, etwa ein Drittel von unten, wo es heißt: "Nur weil die Risikoprämie im Zins zu gering ist, werden die Ersparnisse nicht restlos investiert. Damit gerät der Investitionsnachschub und die Wirtschaft ins Stottern" Mir ist dies völlig unklar. Auch bei Herrn Fischbecks Aufsatz habe ich einige Bedenken: Auf S. 24, rechts-mitte, heißt es: "Genauer gesagt, ist die Liquiditätsverzichtsprämie nur ein Anteil des nominalen Zinses. Dazu kommen noch eine Risikoprämie und als Sockel die Inflationsrate. Wenn der Zinsfuß hoch ist, während Inflation, so kommt zur Liquiditäts(verzichts)prämie nicht noch eine Inflationsrate. Die Liquiditätsprämie steigt und fällt in gleichem Maße, wie der nominale Zinsfuß. Gesell spricht von einer "Hausseprämie" und von einem "Urzins". Bei ihm wird nicht gesprochen von einer "Liquiditätsprämie". Bei Keynes wird nur gesprochen von einer "Liquiditätsprämie (neben etwaige Durchhaltekosten (Umlaufgebühr) und Ertrag) als Bestandteil(e) des nominalen Zinses (Eigenzinsfußes des Geldes); Risikoprämien sind von vornherein ausgeklammert. Wenn wir die Gesellsche und Keynessche Zinstheorien vergleichen, müssen wir feststellen daß: Liquiditätsprämie = Urzins + Hausseprämie. Wie sehr Herr Fischbeck Keynes mißverstanden hat, zeigt sich noch einmal auf S. 27, rechts, ein Viertel von oben. Somit ist es eine der dringendsten Aufgaben von Wissenschaft und Politik, ein monetäres System zu finden und regional oder sektoral zu erproben, das die Geldzirkulation im marktwirtschaftlichen Austausch ohne Liquiditätsverzichtsprämie (einem wesentlichen Zinsanteil) und ohne Inflation ermöglicht, so daß der Zins nur noch seiner eigentlichen Aufgabe als Knappheitsindikator dienen und um Null schwanken kann. Es ist kein Grund zu erkennen, warum so etwas prinzipiell nicht möglich sein soll. (Meine Hervorhebung in der Mitte.) Ich habe oben geschrieben, daß, laut Keynes:
Man kann dasselbe auch anders sagen:
Zum Schluß eine rethorische Frage: Können wir es uns erlauben immer wieder öffentlich zu zeigen. daß wir von Keynes nur ganz oberflächlich einige Kenntnis genommen haben, aber seine Theorie nie wirklich verstanden haben? Kann es sich die Schriftleitung der Z.f.Sö erlauben, solche evidenten Fehler unberichtigt zu lassen? Mit freundlichem Gruß an Sie alle, Ihr Peter Roelofs
P.S.
P.S.2
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Die Buchgeldfrage im 'Creutzfeuer' endlich eliminiert?
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Dr. W.P. Roelofs met: Stellingen van een ketter
Dr. W.P. Roelofs: Deze euro, nee liever niet !
Dr. W.P. Roelofs mit: "Die Buchgeldfrage"
Meertaligheid voorwaarde voor Non-discriminatie in de EU ?
In memoriam dr. Peter Roelofs
Crisisdebat in de Balie te Amsterdam over alternatieve geldsystemen
Video over de grondlegger van alternatieve geldsystemen: Silvio Gesell